Alles hat Namen am Rollstuhl. Nur was heißt wie?

So ein fahrbares Sitzmöbel besteht aus ganz schön vielen Einzelteilen.
Manche davon können individuell eingestellt werden und so für mehr Komfort sorgen.
Was wie heißt und etwaige Besonderheiten möchte ich gerne hier vorstellen.

Im Beispiel handelt es sich um einen faltbaren Leichtgewichtsrollstuhl mit abklappbaren Fusstützen.
Dein Rollstuhl kann etwas anders aussehen. Aber im Großen und Ganzen wirst du gut Parallelen ziehen können.

Zeichnung eines Faltrollstuhl, Leichtgewichtrollstuhl Faltrollstuhl, Leichtgewichtrollstuhl

Das Größte als Erstes! Der Rollstuhlrahmen:
Der Rahmen ist die Basis deines Rollis. An ihm ist alles andere angebaut.
Rahmen gibt es in verschiedenen Farben, ganz nach Geschmack des Benutzers.
Ob dein Rollstuhl einen kurzen oder langen Rahmen haben wird, hängt von deiner Körpergröße und deiner bevorzugten Sitztiefe ab.
Aktivrollstühle werden wahlweise in faltbarer oder starrer Ausführung angeboten.

Rollstuhlrahmen

Sitzeinheit:
So nennt man die Sitzfläche auf dem Rollstuhl. Damit du bequem sitzt, muss die Auflagefläche am Sitz und Rückenlehne konfektioniert sein. Sitztiefe und -breite müssen ebenso wie die Rückenlehne passen. Dies alles ist bei vielen Modellen einstellbar. Das Sitzkissen sollte qualitativ gut und anatomisch geformt sein für bequemes Sitzen.

Wir Rollstuhlfahrer verbringen viel Zeit unseres Lebens im Sitzen. Das ist selbst für nicht beeinträchtigte Menschen auf Dauer nicht bequem. Dauerhaftes Sitzen ohne größere Veränderungen der Sitzposition kann Knochen, Bänder und Organe belasten. Aber nicht nur das: Die richtige Haltung im Rollstuhl ist ein wichtiger Faktor für das eigene Auftreten und die Kommunikation mit dem sozialen Umfeld. Das wir uns richtig Positionieren auf dem Rollstuhl ist von größter Bedeutung für unser Lebensgefühl! Ferner kann es helfen, Schmerzen zu vermeiden und unsere Mobilität und Unabhängigkeit zu optimieren. Die optimale Sitzposition ist je nach Art der Behinderung unterschiedlich. Hier habe ich einige Informationen zur Sitzposition in Aktivrollstühlen zusammengetragen
Super ist eine stabile, nicht durchhängende Sitzbasis, die den Sitzbeinhöckern Halt bietet und ein verrutschen nach vorne verhindert. Ein Sitz der anatomisch angepasst ist verhindert zudem die Gefahr von Druckgeschwüren (Dekubitus). Die Sitztiefe muss zwingend der Oberschenkellänge des Rollstuhlfahrers angepasst sein. Nur das garantiert ein bequemes sitzen.
Die Rückenhöhe hängt von der Rumpfkontrolle und der Sitzstabilität des Nutzers ab. Faustregel zur Rückenlehne: Hoch genug für ausreichend Halt, jedoch nicht höher als nötig. Warum? Je niedriger die Rückenlehne ist, je mehr Bewegungsfreiheit hast du. Stichwort "aktives Sitzen" und das damit verbundene einfache Antreiben des Rollstuhls. Die Rückenlehne sollte so in etwas zwischen den unteren Rippenbögen und dem Schulterblatt enden. Der Winkel der Rückenlehne sollte vor allem bei einer hohen Rückenlehne nicht zu aufrecht sein, um ein Rutschen zu verhindern. An vielen Rollis kannst du deine Sitzposition durch Einstellungen verbessern. Als da wären:
Sitzgefälle: Wenn deine Sitzfläche vorn höher ist als hinten, kannst du die Greifreifen bequemer und effektiver bewegen. Zudem sitzt du sicherer im Sitz. Das Sitzgefälle sollte unbedingt individuell an dich angepasst werden. Sitzposition: Optimal für manuelle Rollstühle ist eine Sitzposition relativ weit hinten. Dadurch wird das Erreichen der Greifreifen stark erleichtert.

Sitzeinheit

Das Sitzkissen:
Zum auf die Sitzeinheit legen ist ein Sitzkissen, das nicht nur der Bequemlichkeit sondern auch der Druckverteilung und Druckentlastung dient, den Nutzer stabilisiert, Fehlhaltungen korrigieren hilft und für eine bessere Luftzufuhr sorgt. Die meisten modernen Sitzkissen für Rollstühle sind aus Kaltschaum oder einer Kombination aus Kaltschaum, anderen Schaumen sowie Luft- oder Fluideinlagen unter den Sitzbeinhöckern.
Oftmals ist die Erstversorung mit einem Sitzkissen eher ein günstiges Kissen. Um ein besseres Kissen
zu bekommen hilft entweder ein Rezept mit Begründung, warum es ein ordentlicheres Modell
sein muss oder du kaufst es selbst. Wenn du es selbst kaufst, erschrick nicht, wenn
die Preise im dreistelligen Bereich losgehen. Unter 120€ solltest du gar nicht erst anfangen zu suchen.
Mit günstigen Modellen kommst du nicht weit.

Sitzkissen


Die Seitenteile:
Stabilisieren den Rollstuhl und schützen dich vor Schmutz und Nässe.
Armlehnen werden ggf. auf den Seitenteilen montiert.
Die Seitenteile sind abnehm- oder hochklappbar für einen einfacheren Transfer.

 

Seitenteile

Die Antriebsräder:
Stets hinten montiert.
Radsturz bei sportlichen Rollis wählbar.
Felgen und Speichen sind zu 99% aus Aluminium.
Raddurchmesser: Größere Räder = mehr Fahrkomfort, kleinere Räder = wendiger.
Radgröße richtet sich nach Körpergröße und gewünschter Sitzhöhe.
Ein negativer Radsturz (leicht nach innen geneigte Antriebsräder) sind leichter zu greifen und kraftsparender zu bewegen, typisch für Sportrollstühle.

Antriebsräder

Bereifung:
Es gibt Luft-und pannensichere Bereifung mit jeweils unterschiedlichen Profilen.
Wichtig sind vor allem Grip, Rollwiderstand, Pannensicherheit und Komfort.
Pannensichere Vollgummireifen sind schwerer, federn nicht und haben hohen
Rollwiderstand. Dafür gibt es keinen Platten.
Luftreifen vertragen meist einen Druck bis maximal 10 bar.

Bereifung Hinterräder


Achse und Schwerpunkt:
Der Schwerpunkt hat großen Einfluss auf die Fahreigenschaften.
Schwerpunkt sollte möglichst tief liegen:
Ungeübte Nutzer sollten den Schwerpunkt so einstellen lassen, dass der Rollstuhl nicht nach hinten
kippen kann (Kippschutz).
Bei Aktivrollstühlen kann der Schwerpunkt sehr genau eingestellt werden.
Steckachsen ermöglichen sehr einfachen Radwechsel.

Achse

Greifreifen:
Ist der jeweils außen am Antriebsrad angebrachte (meist) Metallreifen, den du zur Fortbewegung greifst.
Greifreifen sollen möglichst griffig, kratzfest, wärmeleitend und leicht sein.
Können auch aus Aluminium, Edelstahl, Holz oder Titan sein, teilweise mit Gummierung.
Auch für den Einhandbetrieb gibt es geeignete Exemplare.
Abstand zum Rad kann den Bedürfnissen nach eingestellt werden (engere oder weitere Montage).

Greifreifen

Lenkräder:
Gibt es in verschiedenen Größen für den Innen- oder Außenbereich als Luft- oder Vollgummireifen.
Luftreifen gleichen besser Bodenunebenheiten aus, haben aber höheren Rollwiderstand.
Je kleiner die Lenkräder, je eher bleibst du an Unebenheiten hängen!

Lenkräder

Lenkradgabeln:
Für die Befestigung der Lenkräder.
Ihre Größe hat Auswirkungen auf die Sitzhöhe, ihre Neigung auf den Nachlauf:
Je größer der Nachlauf, desto besser die Geradeauslaufeigenschaften des Rollstuhls.
Je kleiner der Nachlauf, desto wendiger der Rollstuhl.
Sollten bei höherem Tempo die Vorderräder "flattern" musst du die Justierung anpassen.

Lenkradgabeln

Bremsen:
Es gibt eine Fülle verschiedener Feststellbremsen für Rollstühle.
Zum Beispiel:
Bremsen mit extra langem Bremshebel für einfache Bedienung.
Bremsen, die unter den Rohren verschwinden bei Nichtbenutzung.
Von der Wirkung sind sie alle gleich:
Sie drücken nach Betätigung so stark auf die Hinterräder, dass diese nicht mehr rollen können.

Feststellbremsen

Schiebegriffe:
Optional. Es gibt unterschiedliche Arten und Längen von Schiebegriffen.
kurz, lang, abklappbar oder höhenverstellbar.
Rollstühle, die regelmäßig geschoben werden, sollten die Griffe so eingestellt haben, dass es für die schiebende Person passt.
Optional gibt es auch Bremshebel für die Schiebegriffe, die eine Trommelbremse an den Hinterrädern bedienen.

Schiebegriffe

Kreuzstrebe / Schere:
Dieses Kreuz ermöglicht das Zusammenfalten des Rollis.
Siehst du KEIN Kreuz unter deinem Rolli, hast du einen Starrahmenrollstuhl.
Du hast einen Faltrollstuhl?:
Dann Achtung beim Falten: Da kann man sich böse die Finger klemmen!

Kreuzstrebe

Fußstützen:
Fußbretthalter (Bild):
sind hochschwenkbar zur geraden Lagerung der Beine, abschwenkbar zum Transport des Rollis oder zum Mittrippeln.
Fußbrett:
An Beinstützen montiert, höhenverstellbar, teilweise hochklappbar.
Ein durchgehendes Fußbrett gibt dem Rolli mehr Stabilität, ist leichter als Geteilte, jedoch nicht klapp- oder schwenkbar.

Fußstützen

Die Räder unter dir - Unterschiede

Wissenswertes über deine Räder am Rollstuhl:
In der Regel hat ein Standardrollstuhl Vollgummireifen. Das macht sie zwar pannensicher, aber auch schwerer und sie rollen zäher.
Vollgummireifen federn keine Bodenunebenheiten ab und geben Stöße so ungefedert an den Benutzer weiter, was schnell unangenehm sein kann.
Bist du mit deinem Rollstuhl gerne auch draußen unterwegs, solltest du zu luftgefüllten Reifen tendieren.
Hierbei sind je nach Modell alle Räder oder nur die großen Räder mit Luft gefüllt. Zwar musst du regelmäßig den Luftdruck kontrollieren und flicken, wenn du einen Platten hast, jedoch ist der Fahrkomfort um Längen angenehmer.
💡 Pro Tipp: Flickzeug aus dem Fahrradladen dabei haben 🧑‍🔧!
Grundsätzlich sind Räder mit Luftbereifung (bei qualitativem Mantel!) nicht empfindlich und du brauchst auch nicht an jeder Ecke ein Loch im Reifen und einen Platten zu befürchten.
Trotzdem ist es ratsam, gerade auf Reisen, ein kleines Pannenset bestehend aus Flicken, Mantelhebern und Luftpumpe dabei zu haben. Auch wenn kleine handliche Luftpumpen aus dem Rep
araturset bei Weitem keine 6, 7 Bar Druck hinbekommen sind im Notfall doch 2 Bar besser als ein platter Reifen!
Du solltest den Luftdruck deiner Räder regelmäßig kontrollieren und ggf aufpumpen. Denn auch intakte Reifen verlieren mit der Zeit an Luftdruck.

‼️ Meine Erfahrung: Mit Mänteln, die eine Schutzeinlage haben, muss ich hochgerechnet maximal 3x pro Jahr einen Platten flicken. Das ist ok.
Mir hilft beim Aufpumpen eine Standpumpe für das Fahrrad (Standort: Keller):
Die schafft bis 8 Bar (Ich fahre stets mit frisch gepumpten 6,5 Bar Druck) und ist leicht zu bedienen.
Mit Standort Kofferraum habe ich immer eine kleine Fußpumpe dabei. 6,5 Bar sind kein Ding für die Kleine.

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