👉 Ganz wichtig vorneweg:
Das Folgende sind alles Ideen, wie du dir und deine dich begleitenden Lieben den Einstieg in die Rolliwelt erleichtern kannst.
Macht NUR, was ihr euch zutraut und womit ihr euch sicher fühlt. Geht kein Risiko ein und passt auf euch auf! Redet vor den Übungen miteinander und bitte lieber einmal zu viel als einmal zu wenig jemanden, hinter dir zu stehen, der im Notfall eingreifen kann. Sicherheit geht vor, wenn ihr die hier beschriebenen Übungen nachmachen wollt, geschieht dies in Eigenverantwortung und auf eigenes Risiko.
Du möchtest den Kurs mit deiner Tochter oder Sohn machen?
Sicher freut sich der Nachwuchs über eine Urkunde 🏆 am Ende des Trainings!? Ich hab da mal was zum Ausdrucken vorbereitet ➡️!
→ Welche Steigung komme ich rauf, ohne dass mir die Puste ausgeht?
→ Wie steil darf es bergab gehen damit ich noch sicher bremsen kann?
→ Wie kippe ich den Rolli an, damit ich kleine Hindernisse (Bordsteine) überqueren kann?
→ Wie schnell darf ich in die Kurve gehen?
→ Wie viel Bremsweg benötige ich?
→ Was muss ich allgemein beachten beim Schieben?
→ Sicherheitsabstand zum Vordermann einhalten... etc...
All dies sind nur einige der Dinge, über die sich die schiebende Person bewusst sein muss 💡 und die trainiert werden wollen.
Prinzipiell spielt das Alter der schiebenden Person keine große Rolle. Mich zum Beispiel hat schon eine 8 Jährige 🧒 ein Stück auf geradem Weg geschoben und einen großen Spaß dabei gehabt: "Schaut mal, was ich kann!" Kinder helfen gerne; übernehmen auch Verantwortung. Natürlich muss das Gelände der schiebenden Person angemessen sein.
Vorbereitung:
Sucht euch einen leeren Schulhof am Nachmittag, einen Hinterhof, einen Parkplatz sonntags am Supermarkt. Irgendwo, wo ihr Ruhe habt 🏜️.
Zeichnet euch mit Kreide 🖍️ einen Parcours auf den Boden auf:
Zwei Linien, die langsam spitz zulaufen
Einen Slalom Parcours
Eine Linie zum Anhalten
1️⃣ Der Einstieg (kann so aussehen) 🚦:
⚫ Als Erstes sollte sich die schiebende Person mit dem Rollstuhl ohne Rollinutzer vertraut machen 🔎:
🕵️♂️ Prüfung der vorhandenen Bremsen auf Handhabung und Bremsverhalten.
🕵️♂️ Herausfinden, wie wendig der Rollstuhl ist.
🕵️♂️ Kippverhalten ausprobieren: Gibt es einen Kippschutz?
⚫ Probiert alle vorgeschlagenen Übungen erst einmal mit einem leeren 🦽 Rollstuhl aus. Damit bekommt die begleitende Person ein erstes Gefühl für das zu bewegende Volumen und das Verhalten des Rollis. Ist sie sicher bei einer Übung, kann der Rolli besetzt werden.
❗ Vielleicht mag die schiebende Person im Laufe der Übungen einmal ein paar Runden selbst fahren und ausprobieren, "wie das denn so ist". Hindere sie, nach Möglichkeit, bitte nicht daran. Das stärkt das Bewußtsein und Verständnis für die andere Fortbewegung ❗.
2️⃣ Kommunikation 🗨️:
⚫ Je nachdem wie fit die sitzende Person mit der Wahrnehmung ihrer Umgebung ist, müssen zum Beispiel Richtungs- oder Geländeveränderungen angesagt werden:
📣 "Da vorne biegen wir um die Ecke. Achtung."
📣 "Gleich holpert es ein bisschen, nicht erschrecken!"
Ebenfalls ist es ein Muss bei Hindernissen auf das Ankippen des Rollis hinzuweisen und ihn nicht einfach nach hinten zu kippen.
Sag an, wenn die Ampel grün geworden ist und es weiter geht.
⚫ Die Augen 👀 der Begleitperson sind bitte immer auf den Weg vor euch gerichtet. Die schiebende Person muss Hindernisse sehen und erkennen, ob die kleinen Vorderräder drüberkommen oder ob herumgefahren werden muss. Achtung bei extrem unebenen Wegen (Kopfsteinpflaster ist der Horror 😱!). Da wollt und könnt ihr keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellen. Dosiert das Tempo so, dass ihr nicht stehen bleibt, es aber auch keine Katastrophe gibt, wenn das Vorderrad hängen bleibt. Seit ihr zu schnell und der Rolli bleibt von Jetzt auf Gleich stehen, ist die schiebende Person noch in der Vorwärtsbewegung und kollidiert 🌩️ eventuell mit der Rückenlehne.
3️⃣ Praktische Übungen 👩🦽🚶:
⚫ Schiebt den Rolli geradeaus und haltet erst einmal "einfach nur" die Spur. Malt euch mit Kreide zwei parallele Striche auf den Boden und bleibt die komplette Distanz mit den Rädern zwischen den Linien ⬆️👩🦽🚶⬆️. Für das erste Mal ist ein ebener Platz toll dazu geeignet.
Ihr habt in der Nähe ein paar Steinchen und Äste rumliegen? Prima! Streut euch bewußt kleine Unebenheiten zwischen eure Linien ⬆️🪨⬆️ und probiert das neue Rollverhalten aus. Wie eben auch: NICHT die Linien überfahren! Ja, schon schwerer, gell!?
⚫ Laufe in deinem normalen Tempo und halte punktgenau an einer Linie an 🛑. Wie viel Bremsweg benötigst du? Hast du die Länge des Rollstuhls gut bedacht beim Bremsen oder stehen die Fußstützen über der Linie? Das gibt nämlich Punktabzug: Keine Zehen wollen über den Bordstein auf die Straße ragen!
⚫ Immer nur geradeaus ist unrealistisch und auf Dauer langweilig! Malt euch eine geschlängelte Straße mit Kreide auf. Nicht zu schmal und nicht zu breit. Der Rolli soll gut zwischen die Linien passen. Fahrt die neu gemalte Straße ab. Bleiben alle Räder stets zwischen den Linien? Zur besseren Kontrolle garniert die Linien mit kleinen (!) Steinchen. Holpert es, wisst ihr Bescheid und geht zurück zum Start.
4️⃣ Bordstein oder eine (!) Treppenstufe hinunter ⬇️:
Sucht euch einen ruhigen Bordstein oder eine Stufe ohne Straßenverkehr!
⚫ Drehe den Rollstuhl um 180 Grad 👨🏼🦽➡️ und steige die Stufe hinunter. Sage, was gleich passieren wird, dass du den Rolli die Kante hinunter ziehen wirst. Rolle nun die Hinterräder langsam und vorsichtig die Stufe herunter und ziehe den Rolli soweit zurück, dass die kleinen Vorderräder ebenfalls die Kante nehmen und sicher wieder auf gleicher Ebene stehen wie du. Dreht euch wieder in Fahrtrichtung und weiter geht es!
Vermutlich wollt ihr nicht nur runter, sondern auch irgendwann mal eine Stufe oder einen Bordstein hinauf ⬆️!? Also los geht´s:
⚫ Sage 📣 wieder, was du vor hast! Du wirst den Rolli 👩🏼🦽 soweit nach hinten kippen, bis die Vorderräder die neue Ebene erreichen können ohne hängen zu bleiben. Als Hilfe kannst du entweder den Kippholm (das ist das Ding, wenn es da ist, an dem du dir bestimmt schon mal das Schienbein angehauen 🩹 hast...!) zur Hilfe nehmen oder du drückst dosiert so auf die Schiebegriffe, bis der Rolli nach hinten kippt. Schiebe den Stuhl dann soweit nach vorne, bis die Vorderräder oben sind, setze langsam ab, schiebe weiter und hebe die Hinterräder ebenfalls nach oben.
⚫ Wollt oder müsst ihr mehrere Stufen 🪜 überwinden, egal ob raus oder runter, benötigt ihr eine zweite 👫🏼👩🏼🦽, kräftige Person zur Unterstützung.
⬆️ Treppauf: Einer von euch kippt den Rollstuhl an und zieht nach oben, der Andere stabilisiert an den Vorderrohren (Das sind die Rohre unterhalb des Sitzes zu den Vorderrädern hin) Niemals an den Füßstützen festhalten. Die sind dafür nicht stabil genug!
⬇️ Treppab: Vorwärts geht es runter. Einer kippt an und rollt soweit nach vorne, dass die Hinterräder an der obersten Kante stehen. Die zweite Person stabilisiert an den Vorderrohren. Dann lasst ihr Stufe für Stufe den Rolli langsam hinab. Setzt, nachdem die Hinterräder auf ebenem Boden sind, die Vorderräder wieder ab, wischt euch den Schweis von der Stirn und weiter geht es.
Profitipp ♿: Übe das Herablassen eines Rollstuhls über mehrere Stufen einmal OHNE Rollinutzer. Mache auf halber Treppe kurz Halt und überlege 🤔 dir was passiert, wenn du an dieser Stelle den Rolli MIT Person loslassen würdest weil die Kraft ausgeht oder die Schiebegriffe wegrutschen 🚑. ...
Will sagen: Mehr als eine Stufe BITTE NUR IM NOTFALL! UND NIE ALLEINE! ✔️
5️⃣ Fortgeschrittene praktische Übungen 🔀:
Das Geradeausfahren war locker auf dem ebenen Platz? Geht auf einen Bürgersteig: Ganz andere Liga. Die meisten Bürgersteige fallen zur Straßenseite hin ab damit das Regenwasser ablaufen kann. Das verzieht gerne mal die Spur. Richte dich als Begleitperson darauf ein, gegensteuern zu müssen.
⚫ Es geht bergauf mit euch 🏔️!
Sucht euch eine Stelle, die (erst einmal) leicht bergauf geht. Damit bekommt die schiebende Person ein Gefühl für Gewichtsverlagerung und den größeren benötigten Kraftaufwand 💪🏼. Übernehmt euch nicht für den Anfang und bekommt erst einmal ein Gefühl für das Schieben auf einem Anstieg, auf dem ihr euch sicher fühlt. Die Bergetappe der Tour de France könnt ihr später angehen!
❗ Für den Notfall: Du hast keine Bremse an den Schiebegriffen und brauchst dringend eine Pause? Fuß 🦶🏼 hinter und unter das Hinterrad. Tut bisschen weh, erfüllt aber seinen Zweck. Rolli im 90 Grad Winkel zur Steigung stellen, ggf an eine Wand andocken. Egal wie: Der Rollstuhl darf nicht wegrollen! ❗
⚫ Wer hoch kam, muss auch wieder runter!
Gleicher Weg, nur in die andere Richtung! Es geht bergab mit euch. Auch hier: Übernehmt euch nicht!
Es warten mehr herausfordernde Dinge auf euch, als vielleicht erst bedacht sind:
Lässt du los wird der Rollstuhl schnell schnell ⚡. Sehr schnell ⚡⚡. OK, das wäre geklärt.
Ist der Weg zu steil, rutscht der Rollinutzer unter Umständen nach vorne weg von der Sitzfläche (Je nach körperlicher Verfassung).
Scharfes Bremsen erhöht den Vorwärtsdrang des sitzenden Menschen nach vorne, runter von der Sitzfläche. Achtung: Sturzgefahr 🚫.
Ist der Weg zu steil hilft nur eins: Nehmt einen Umweg in Kauf!
Traut ihr euch den Abstieg zu, kontrolliert noch einmal die ggf an den Schiebegriffen sitzenden Bremsen 🧐.
Habt ihr keine Bremsen, heißt es langsam gehen, nicht ruckartig bremsen. Der Rollstuhl hat einen großen Vorwärtsdrang der gebremst werden will / muss.
Trage feste Schuhe mit Profilsohle.
Bekommt ihr Probleme: Stell den Rolli quer. Dock an einer Wand an. Benutze als Bremse was dir in den Weg kommt. Denk nicht an Kratzer im Lack. Denke an die Person vor dir!
⚫ Die Königsdisziplin: Die Fußgängerzone👨👩👧👦👨👩👧👦👩🦽🚶👨👩👧👦.
Hier könnt ihr alles Geübte direkt in die Praxis umsetzen. Passanten, Kurven, Unebenheiten, Bremsen, Ausschau halten. Alles dabei ‼️.
Vieles klingt in der Theorie sehr beängstigend. Du brauchst aber keine Angst vor dem Rollstuhlschieben zu haben! Geh die Sache langsam an und taste dich Schritt für Schritt vorwärts. Dann wirst du sicherer im Umgang mit den Herausforderungen auf der Straße.
Du und der Rollinutzer, ihr seid ein Team. Für jeden von euch ist es neu und ungewohnt. Redet miteinenader, verlasst euch aufeinander, vertraut euch und... wenn der Rolli mal irgendwo hängen bleibt weil die Begleitperson nicht 100% aufgepasst hat, dann ist es so 🙏🏼. Kein Weltuntergang!
6️⃣ Theorie 👨🎓
⚫ Nicht alle Wege sind mit einem Rollstuhl zu meistern. Akzeptiert einfach, dass es irgendwo mal nicht weiter geht und ihr einen Umweg nehmen müsst. Aufregen 😡 ist zwar menschlich, bringt aber nix.
⚫ Rasen, Sand, Kies, Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher: Alles Dinge, die ihr großzügig umfahren ↩️ solltet. Ihr seid nicht die Einzigen, die da Probleme haben. Auch Fußgänger und andere Fahrzeuge tun sich damit auch schwer.
⚫ Ihr fühlt euch sicher im Umgang mit dem Rollstuhl!? Super, gratuliere! Gut gemacht. Werdet trotzdem bitte nicht leichtsinnig.
⚫ Den Transfer in oder aus dem Rollstuhl heraus bitte stets nur mit aktivierter Feststellbremse durchführen.
⚫ Die Fußrasten halten die Füße sicher gestützt. Lass sie immer auf den Rasten. Das verhindert Verletzungen 🩹 und ungewolltes Bremsen durch auf dem Boden schleifende Füße.
⚫ Der Rollstuhlfahrer hat eine andere Sicht auf die Umgebung. Achte darauf, wenn ihr euch gemeinsam etwas anschaut, dass man das Objekt auch aus einer niedrigeren Perspektive 🧱👨🦽gut sehen kann!
⚫ Du als Begleitperson sprichst mit einer dritten 👩🏽🤝👨🏼👨🦽 Person? Dann stelle den Rolli bitte so, dass auch die sitzende Person am Gespräch teilhaben kann.
⚫ Ihr fahrt Aufzug 🛗: Drehe den Rolli zur Tür hin. So kann der sitzende Mensch sehen, wer mit einsteigt. Achte darauf, dass der Fahrstuhlboden mit der Bodenkante der Etage gleichmäßig abschließt und es keine Kante gibt.
Das Verladen des Rollstuhls in ein Auto🚗:
Es gibt zwei Arten von manuellen Rollstühlen: Den sogenannten Starrrahmen (ich hasse es, 3 R... aahrg...!), bei dem sich nur die Rückenlehne herunter klappen lässt und den Faltrollstuhl. Den kannst du in der Mitte zusammenfalten, so dass es sehr schmal wird.
Hinterräder abnehmen:
Sportliche Rollimodelle haben in der Regel Steckachsen an den Hinterrädern. Die bekommst du ganz einfach ab indem du auf den Knopf mittig der Radnabe drückst und die Räder von der Achse ziehst. Steckst du die Räder später wieder an, versichere dich bitte 2x, dass die Arretierung die Räder wieder fest auf der Achse hält. Ziehe dafür kurz an dem Rad, als ob du es abziehen willst. Bleibt es auf der Achse, passt es.
Leichtgewichtsrollstühle und klassische Schieberollstühle haben manchmal fest angeschraubte Räder. Da würde nur Werkzeug helfen beim Abmachen. Erkennst du, wenn du in der Mitte der Radnabe eine Schraube bzw Schraubenmutter siehst.
Zusammenfalten des Rollis:
Starrer Rahmen:
Zusammenklappen: Ziehe an dem kleinen Seil ganz unten hinter der Rückenlehne damit sich die Arretierung löst. Dann kannst du die Rückenlehne nach vorne klappen. Sitzkissen vorher wegnehmen. Kleiner wird es nicht.
Auseinanderklappen: Klappe die Rückenlehne hoch, bis die Arretierung einrastet. Das war es.
Faltrahmen:
Zusammenklappen: Lege das Sitzkissen zur Seite. Klappe die 2 Fußstützen nach oben hoch oder, bei einer durchgängigen Fußstütze, klappe sie an einer Seite nach oben. Musst du schauen, wie es funktioniert, es gibt verschiedene Systeme. Ziehe die Sitzfläche zu dir hoch. Der Rolli faltet sich mit dieser Bewegung zusammen, ebenso die Rückenlehne. So kannst du den Stuhl liegend im Kofferraum transportieren. Vielleicht kannst du auch die Beinstützen abnehmen. Dann wird er noch kleiner.
Auseinanderklappen: Drücke auf die beiden Holme, die rechts und links mit der Sitzfläche nach oben kamen. Achtung: Passe auf deine Finger auf! Nur mit der flachen Hand darauf drücken, NICHT den Holm umgreifen. Machst du das, ist die Lernkurve zwar sehr schnell, dies nie wieder zu tun, aber auch genauso schmerzhaft. Keiner will sich die Finger im sich zusammenfaltenden Rahmen eines Rollstuhls klemmen. Vertrau mir, ähem...! Ist alles eingerastet, Sitzkissen auflegen und los geht es.
Sitzkissen: Es gibt Sitzkissen, die sind anatomisch geformt. Achte beim Auflegen auf die richtige Lage des Kissens, sonst wird es schnell komisch unter dem Hintern.